Sehr geehrter Herr. Dr. Karthaus,
ich wende mich an Sie mit einem Anliegen zum Thema Offene Ganztagsschule.
Wir sind eine junge Familie aus Loope mit einem Sohn, der diesen Sommer eingeschult wird. Im Kindergarten konnten wir im letzten Jahr das Betreuungsangebot von 07:15 bis 16:15 Uhr nutzen. Das ist mit den üblichen Vollzeit-Berufsstellen der Eltern vereinbar.
Nun haben wir überrascht festgestellt, dass in der ersten Klasse der Unterricht an den meisten Tagen nur von 8:00 bis 11:40 Uhr stattfindet. Nach dem guten Betreuungsangebot im Kindergarten haben wir nicht damit gerechnet, dass sich nun eine so große „Betreuungslücke“ auftut.
Bezüglich Berufstätigkeit haben wir folgende Konstellation: Ich bin momentan Alleinverdiener. Deshalb wurde unser Antrag auf einen OGS-Betreuungsplatz aufgrund zu weniger Betreuungsplätze leider abgelehnt.
Bei der Vergabe der OGS-Betreuungsplätze haben verständlicher Weise Doppelverdiener-Haushalte eine höhere Priorität als Alleinverdiener-Haushalte.
Meine Lebensgefährtin wohnt noch nicht lang in Deutschland und hat sich bisher primär um das Erlernen der deutschen Sprache gekümmert. Aufgrund der Schulzeiten unseres Sohnes kommt für sie nun für ein Jahr selbst eine Halbtags-Arbeitsstelle nicht infrage. Deshalb werden wir auch kommendes Jahr keinen „Doppelverdiener-Status“ erreichen und bei der nächsten Vergabe der Betreuungsplätze wahrscheinlich wieder leer ausgehen. Es bildet sich eine Art Teufelskreis. Das ist eine schmerzliche Erfahrung. Von der Politik wird immer wieder betont, dass die Berufstätigkeit von Müttern gefördert werden soll. In unserer Situation wird dies jedoch faktisch verhindert.
Laut Auskunft der Schulleiterin der Grundschule Loope können dieses Jahr noch nicht einmal alle Doppelverdiener-Haushalte mit OGS-Plätzen versorgt werden. Ich gehe daher von einer signifikanten Unterdeckung an OGS-Plätzen aus.
Deshalb habe ich folgende konkrete Fragen:
Wie viele OGS-Plätze stehen in Loope zur Verfügung und wie viele wurde dieses Jahr von den Eltern angefragt?
Der Bedarf an OGS-Plätzen wächst kontinuierlich. Was wurde in den letzten Jahren getan, um die Zahl der OGS Plätze zu steigern?
Wie wird sicher gestellt, dass im Jahr 2026 der Rechtsanspruch auf OGS-Plätze erfüllt werden kann?
Unsere besondere Konstellation als „ungewollter Alleinverdienerhaushalt“ wird in den Anmeldeformularen zur OGS nicht abgefragt. Wie kann unsere oben geschilderte Situation bei der Vergabe der Betreuungsplätze berücksichtigt werden?
Es gibt nach Auskunft der OGS-Mitarbeiter regelmäßig OGS-Plätze, die zwar beantragt, aber nicht genutzt werden. Wie, wie schnell und nach welchem Verfahren werden diese nachbesetzt?
Danke im Voraus für die Antworten
Mit freundlichen Grüßen
Florian Nassenstein
Bürgermeister Dr. Gero Karthaus antwortet Herrn Nassenstein hierauf:
Sehr geehrter Herr Nassenstein,
in Loope stehen insgesamt 88 OGS-Plätze zur Verfügung. Für das Schuljahr 2023/24 haben ca. 100 Familien Interesse bzw. Bedarf an einem OGS-Platz angemeldet.
Die Vergabe der OGS-Plätze erfolgt nach verschiedenen Aufnahmekriterien, wie z.B. Berufstätigkeit der Eltern, Geschwisterkinder, soziales Umfeld etc. Hier stehen Schulträger und Schulleitung in engem Austausch. Da die Schulleitung die Familien persönlich kennt, sind dieser auch die von Ihnen geschilderten „besonderen Konstellationen“ bekannt, die in die Bedarfsermittlung einfließen.
OGS-Plätze die beantragt, aber nicht genutzt werden, sind mir nicht bekannt. Die Betreuungsverträge sind kündbar mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende. Kurzfristige Abmeldungen sind nur bei einem Wohnort- oder Schulwechsel möglich. Sobald ein Platz in der OGS frei wird, wird dieser mit einer Familie von der Warteliste nach den o.g. Aufnahmekriterien neu besetzt.
Der Bedarf an Betreuungsplätzen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Gleichwohl ist die qualitative Betreuung von Schulkindern im Rahmen der OGS nur möglich, wenn räumliche und personelle Voraussetzungen dies erlauben. Fehlendes Fachpersonal, welches die Kinder betreuen kann, macht die Planung von weiteren Betreuungsplätzen schwierig. Die Gemeinde Engelskirchen hat zudem für den Standort Loope die Kapazitätsgrenze erreicht, eine Erweiterung der OGS ist bei den derzeitigen baulichen Gegebenheiten nicht möglich.
Die Schulleitungen der vier Grundschulen in Engelskirchen sowie die Verwaltung haben bereits vor einigen Monaten einen Arbeitskreis gegründet, der die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz ab dem Jahr 2026 vorbereiten soll. Alle Beteiligten arbeiten bereits heute intensiv daran, dass dieser Rechtsanspruch für jedes Kind in Engelskirchen erfüllt werden kann.
Ich bedaure, Ihnen zurzeit noch keine Zusage für die Aufnahme Ihres Sohnes, Semen, in der OGS, Loope, machen zu können und bitte um Ihr Verständnis.
Erfahrungsgemäß können aber im Laufe eines Schuljahres durch Abmeldungen und/oder Wegzug der Familien immer wieder Kinder von der Warteliste in der OGS aufgenommen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gero Karthaus
Bürgermeister